Bregenz

Altern in Würde

Wohnmodelle für Jung und Alt - ein etwas anderer Reisebericht aus Bregenz

Wohnmodell "Lebensraueme" fuer Jung und Alt in Bregenz (Austria)
Ende der 90er-Jahre lebten in Österreich mehr als 480.000 Personen, die über 60 waren und allein (in einem 1-Personenhaushalt) lebten, bis 2030 wird mit einer Verdoppelung dieser Zahl gerechnet. Am meisten trifft es dabei die Frauen, da diese ihre Männer in der Regel „überleben“. So lebten 1997 13 % der Männer und 38 % der Frauen über 60 Jahre allein, etwa ein Viertel der über 60-Jährigen (Männer 27 %, Frauen 25 %) lebten noch in einem Mehrgenerationenhaushalt (in der Regel bei einem ihrer Kinder), 2 % der Männer und 4 % der Frauen lebten in Heimen. Die Isolation nimmt besonders im höheren Alter zu. Studien belegen, dass der Wendepunkt etwa mit 75 Jahren einsetzt, wenn der Familienkontakt sowie jener zum Freundeskreis bedingt durch die abnehmende Mobilität und Aktivität abnimmt.

Wohnmodell für Jung und Alt

Die Stiftung Liebenau der St.-Anna-Hilfe-GmbH in Deutschland hat ein neues Haus in Bregenz errichtet: „Lebensräume für Jung und Alt“. Die 38 Wohnungen des Ende 2003 eröffneten Hauses werden nach Interesse an dieser Lebensform und nach sozialen Kriterien zu zwei Dritteln an ältere Personen vergeben. Das restliche Drittel füllen junge Menschen, meist Familien mit kleinen Kindern. Selbsthilfe, aktive Nachbarschaftshilfe und gegenseitige Unterstützung stehen im Vordergrund. Gibt es mal Konflikte, hilft die Gemeinschaftsarbeiterin beim Schlichten der Streitigkeiten. Sie ist auch da, wenn es neue Ideen für gemeinsame Aktivitäten gibt, spornt die BewohnerInnen an, selbstständig tätig zu werden, muntert auf, motiviert.

Gerade im fortgeschrittenen Alter sind Selbstständigkeit und Aktivität die beiden wichtigsten Faktoren, um möglichst lange fit zu bleiben und eigenständig leben zu können. So wird in den „Lebensräumen“ großer Wert darauf gelegt, dass zum Beispiel selbst gekocht wird, da ansonsten ein Teufelskreis entsteht, aus dem sich viele alte Menschen nicht mehr befreien können: Essen auf Räder ist praktisch, schmeckt und macht keine Mühe. Wer kocht schon gerne für sich allein? Doch: Muss man nicht mehr selbst kochen, wird der Weg zum Einkaufen kaum mehr nötig. Geht man nicht einkaufen, gibt es sonst kaum Gründe, vor die Tür zu gehen und man findet viele Ausreden, sich nicht mehr ordentlich pflegen und kleiden zu müssen – sieht ja ohnehin keiner …
In dieser Situation werden Menschen oft schnell zu Pflegefällen. Und genau diesem Problem wirkt das Konzept der „Lebensräume“ entgegen. Hilfe, wenn nötig, Hilfe zur Selbsthilfe; so weit und so lange Autonomie und Selbstbestimmung möglich sind, wird dies nach Kräften unterstützt.

Ganz viele Omas und Opas

Das Zusammenleben von Jung und Alt ist dem Modell einer Dorfgemeinschaft nachempfunden. Nachbarschaftshilfe und gegenseitige Unterstützung werden hier groß geschrieben. Die BewohnerInnen übernehmen zum Beispiel Gartentätigkeiten oder helfen sich gegenseitig beim Einkauf oder in der Kinderbetreuung. Der Kinderspielplatz im Zentrum der Wohnanlage ist ein beliebter Treffpunkt. Da tummeln sich die Kinder, die Mütter und Väter tauschen Erfahrungen aus und die älteren BewohnerInnen genießen den Trubel. Kaffeenachmittage, Grillfeste und Bastelstunden füllen die Freizeit aus. Gemeinsam wird vorbereitet, organisiert, dekoriert und die Kipferl, die Frau Kaiser immer zu solchen Anlässen bäckt, sind schon als „Kaiserkipferl“ legendär. Die Kinder wachsen nicht nur in der (Klein)familie auf, sondern haben „ganz viele Omas und Opas“.

Sicherheit und Selbstbestimmung im Alter

Lässt – allen Bemühungen zum Trotz – die Gesundheit das Alleine-Wohnen nicht mehr zu, ist die Hilfe von NachbarInnen und mobilen Pflegediensten nicht mehr ausreichend, kann unkompliziert ins benachbarte Pflegeheim übersiedelt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Umgebung bleibt die gleiche, die NachbarInnen kennt man. Diese haben keine langen, beschwerlichen Anfahrtswege, um die Freundschaften aufrecht erhalten zu können. Und der Blick aus dem Fenster ist fast so wie vorher. Hier wird man gerne alt …

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 10:29

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